Summary Recommendations - ESRA
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Caesarean Section 2020

Summary Recommendations

PROSPECT versorgt Klinikpersonal mit unterstützenden Argumenten für und gegen verschiedene Interventionen im Rahmen postoperativer Schmerzbehandlung auf der Grundlage evidenzbasierter Veröffentlichungen und Expertenmeinungen. Das Klinikpersonal muss Entscheidungen anhand der klinischen Umstände und der lokalen Gesetze und Vorschriften treffen. Die vor Ort geltenden Verordnungsvorschriften für die jeweiligen Medikamente müssen zurate gezogen werden.

Empfehlungsgrade und Evidenzstufen

Empfehlungsgrade werden in Übereinstimmung mit der allgemeinen Evidenzstufe zugeteilt, auf der die Empfehlungen basieren und die anhand der Qualität und der Evidenzquelle ermittelt wird. Verhältnis zwischen Qualität und Evidenzquelle, Evidenzstufen und Empfehlungsgraden.

Ein Kaiserschnitt geht bei einem wesentlichen prozentualen Anteil der Frauen mit mäßigen bis starken postoperativen Schmerzen einher, die die Genesung und Wiederaufnahme von Alltagsaktivitäten verzögern, die Mutter-Kind-Bindung stören, die psychische Gesundheit der Mutter beeinträchtigen und für Komplikationen beim Stillen sorgen können (Gamez 2018). Ferner kann eine falsche postoperative Schmerzbehandlung zu gesteigerter Schmerzempfindlichkeit und dauerhaften postoperativen Schmerzen führen (Kainu 2010).

Schmerzen nach einem Kaiserschnitt werden aufgrund unbegründeter Befürchtungen, dass Analgetika oder Interventionen Nebenwirkungen bei Mutter und Neugeborenem hervorrufen können, und der Unterschätzung der Schmerzen nach einem Kaiserschnitt oft nur unzureichend therapiert (Huang 2019).

Die verfahrensspezifischen Empfehlungen für das postoperative Schmerzmanagement (PROSPECT) nach einem Kaiserschnitt wurden 2014 veröffentlicht (PROSPECT: C-Section 2014); allerdings war aufgrund der Entwicklungen in der klinischen Praxis ein Update notwendig.

Ziel dieser systematischen Überprüfung war es, aktualisierte Empfehlungen auf Basis aktueller Forschungsliteratur bereitzustellen, in der die Auswirkungen analgetischer und chirurgischer Eingriffe auf Schmerzen nach einem elektiven Kaiserschnitt unter rückenmarksnaher Regionalanästhesie untersucht werden.  Diese Empfehlungen lassen sich nicht auf andere Patientengruppen wie Notfälle oder ungeplante Kaiserschnitte oder chirurgische Eingriffe unter allgemeiner Anästhesie übertragen.

Empfohlen: Präoperative Interventionen

  • „Präoperativ“ bezieht sich auf Interventionen, die vor einer chirurgischen Inzision durchgeführt werden
  • Analgetika sollten rechtzeitig (vor oder während der OP) verabreicht werden, um in der Frühphase der Genesung hinreichend schmerzbefreiend zu wirken
Intrathekale oder epidurale
Opioide
Die Verabreichung intrathekaler Opioide mit Langzeitwirkung (z.B. Morphin 50-100 µg oder Diamorphin bis zu 300 µg) zusätzlich zur Spinalanästhesie wird empfohlen (GoR A).

  • Die Sicherheit von intrathekalem Morphin wurde für Patienten bestätigt, die sich einem Kaiserschnitt unterziehen (Sharawi 2018). Dosierungen unter 100 µg haben eine angemessene schmerzlindernde Wirkung mit reduzierter Inzidenz von Nebenwirkungen im Vergleich zu höheren Dosierungen.
  • Basisanalgetika (z.B. Paracetamol und NSAIDs) und intravenöses Dexamethason sollten zusammen mit intrathekalem Morphin verabreicht werden
  • Hinweis: Das National Institute of Health and Care Excellence Guidelines im Vereinigten Königreich empfiehlt intrathekales Diamorphin als Alternative zu intrathekalem Morphin (NICE 2019)

Alternativ dürfen epidurales Morphin 2-3 mg oder Diamorphin bis zu 2-3 mg verabreicht werden, zum Beispiel wenn ein Epiduralkatheter im Rahmen eines kombinierten spinal-epiduralen Verfahrens (GoR A) verwendet wird

Paracetamol Oral verabreichtes Paracetamol wird empfohlen (GoR A)

NSAIDs, nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel

Empfohlen: Intraoperative Interventionen (nach dem Einführen verabreicht)

Paracetamol Intravenös verabreichtes Paracetamol wird empfohlen, sofern es nicht präoperativ verabreicht wird (GoR A)
NSAIDs Intravenös verabreichte NSAIDs werden empfohlen; die Verabreichung beginnt intraoperativ (nach dem Einführen) (GoR A)
Dexamethason Nach dem Einführen wird eine Einzeldosis intravenös verabreichtes Dexamethason empfohlen (GoR A), um die Schmerzwerte, den Opioidverbrauch und die antiemetische Prophylaxe positiv zu beeinflussen; bei Patienten mit Glukoseintoleranz ist Vorsicht geboten
Lokale/regionale Verfahren Wenn kein intrathekales Morphin verabreicht wird, werden lokale anästhetische Wundinfiltration (einmalig) oder kontinuierliche Wundinfusion und/oder regionale Anästhesieverfahren (Faszienblockaden wie TAP-Blockaden und Quadratus-lumborum-Blockaden) empfohlen (GoR A), da sie Schmerzwerte und Opioidbedarf effektiv reduzieren

NSAIDs, nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel; TAP, Transversus-abdominis-plane-Blockade

Empfohlen: Postoperative Interventionen

  • „Postoperativ“ bezieht sich auf Interventionen, die beim oder nach dem Wundverschluss durchgeführt werden
Paracetamol Oral oder intravenös verabreichtes Paracetamol wird empfohlen (GoR A); die regelmäßige Verabreichung wird postoperativ fortgesetzt

  • Die regelmäßige Verabreichung von Basisanalgetika ist wichtig, um den Bedarf an Opioiden als Notfallmedikation zu reduzieren
NSAIDs Oral oder intravenös verabreichte NSAIDs werden empfohlen (GoR A); die regelmäßige Verabreichung wird postoperativ fortgesetzt

  • In mehreren Studien wurde ein ebenso effektives Schmerzmanagement mit NSAIDs wie mit Opioiden nachgewiesen
Opioide Opioide werden als Notfallmedikation oder für den Fall empfohlen, wenn andere empfohlene Strategien nicht möglich sind (z.B. Kontraindikationen gegen regionale Anästhesie) (GoR D)

  • Strategien sollten dazu dienen, unnötige Opioideinnahme nach einem elektiven Kaiserschnitt zu reduzieren
Schmerzlindernde Ergänzungen Schmerzlindernde Ergänzungen wie TENS werden empfohlen, sofern verfügbar (GoR A)

  • Schmerzlindernde Ergänzungen wie Musik über Kopfhörer und die Anwendung von TENS können für verbesserte Schmerzlinderung sorgen

NSAIDs, nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel; TENS, transkutane elektrische Nervenstimulation

Empfohlen: Chirurgische Interventionen

Inzision Eine Joel-Cohen-Inzision wird empfohlen (GoR A), da dies vorteilhaft für die Reduzierung der postoperativen Schmerzwerte ist
Nicht-Verschluss des Peritoneums Ein Nicht-Verschluss des Peritoneums wird empfohlen (GoR A), um die Schmerzwerte zu reduzieren
Abdominalbandagen Abdominalbandagen werden auf Basis von drei Studien empfohlen (GoR A), die eine klinisch relevante Reduzierung der Schmerzwerte und der Einnahme von Notfallanalgetika zeigen

Nicht empfohlene Interventionen im Rahmen des Schmerzmanagements bei Patienten, die sich einem elektiven Kaiserschnitt unterziehen.

  Intervention Grund für Nichtempfehlung
Präoperativ Gabapentinoide Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intraoperativ Intravenös verabreichtes Ketamin Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intravenös verabreichtes Dexmedetomidin Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intravenös verabreichtes Tramadol und Butorphanol Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Rückenmarksnah verabreichtes Clonidin Inkonsistente verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Rückenmarksnah verabreichtes Dexmedetomidin Inkonsistente verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intrathekal verabreichtes Buprenorphin Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Epidural verabreichtes Hydromorphon Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Intrathekal verabreichtes Midazolam Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intrathekal verabreichtes Neostigmin Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intrathekal verabreichtes Ketamin Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Intraperitoneal verabreichtes Lokalanästhetikum Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Topische Hautanalgesie Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Clonidin zusammen mit TAP Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Dexmedetomidin zusammen mit TAP Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Fentanyl zusammen mit TAP Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Rectus-Sheath-Blockade Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Feldblockade Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Musik Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Postoperativ Haut-zu-Haut-Kontakt Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Intravenös verabreichtes Lidocain Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Patientengesteuerte epidurale Analgesie Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz und Bedenken wegen Nebenwirkungen
Chirurgische Verfahren Inzisionsmethode: Diathermie Inkonsistente verfahrensspezifische Evidenz
Fehlende Blasenklappe Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Stumpfe Faszienöffnung Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Uterusprolaps Inkonsistente verfahrensspezifische Evidenz
Postoperative Hautinzision mit Laser Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz
Art des Hautverschlusses Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Vaginalhygiene Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Zervikale Dilatation Inkonsistente verfahrensspezifische Evidenz
Art der Pyramidalis-Muskelsektion Fehlende verfahrensspezifische Evidenz
Reapproximation
des Rektusmuskels
Begrenzte verfahrensspezifische Evidenz

TAP, Transversus-abdominis-plane-Blockade

Allgemeine Empfehlungen für perioperatives Schmerzmanagement bei Patienten, die sich einem elektiven Kaiserschnitt unter rückenmarksnaher Regionalanästhesie unterziehen.                             

Präoperativ
  • Intrathekal verabreichte Opioide mit Langzeitwirkung (z.B. Morphin 50-100 µg oder Diamorphin bis zu 300 µg) (GoR A).
    Alternativ dürfen epidurales Morphin 2-3 mg oder Diamorphin bis zu 2-3 mg verabreicht werden, zum Beispiel wenn ein Epiduralkatheter im Rahmen eines kombinierten spinal-epiduralen Verfahrens (GoR A) verwendet wird
  • Oral verabreichtes Paracetamol (GoR A)
Intraoperativ nach dem Einführen
  • Intravenös verabreichtes Paracetamol, sofern es nicht präoperativ verabreicht wird (GoR A)
  • Intravenöse nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel (GoR A)
  • Intravenös verabreichtes Dexamethason (GoR A)
  • Wenn kein intrathekales Morphin verabreicht wird, anästhetische Wundinfiltration (einmalig) oder kontinuierliche Wundinfusion und/oder regionale Anästhesieverfahren (Faszienblockaden wie Transversus-abdominis-plane-Blockaden und Quadratus-lumborum-Blockaden) (GoR A)
Postoperativ
  • Oral oder intravenös verabreichtes Paracetamol (GoR A)
  • Orale oder intravenöse nicht-steroidale entzündungshemmende Arzneimittel (GoR A)
  • Opioide als Notfallmedikation oder für den Fall, wenn andere empfohlene Strategien nicht möglich sind (z.B. Kontraindikationen gegen regionale Anästhesie) (GoR D)
  • Schmerzlindernde Ergänzungen umfassen transkutane elektrische Nervenstimulation (GoR A)
Chirurgische Verfahren
  • Joel-Cohen-Inzision (GoR A)
  • Nicht-Verschluss des Peritoneums (GoR A)
  • Abdominalbandagen (GoR A)