Summary Recommendations - ESRA
View all Procedures

Total Knee Arthroplasty 2020

Summary Recommendations

PROSPECT bietet Klinikern unterstützende Argumente für oder auch gegen die Anwendung von diversen Interventionen für den postoperativen Schmerz basierend entsprechend vorliegender Evidenzdaten bzw. Expertenmeinungen.

Kliniker müssen je nach klinischen Umständen und unterschiedlich lokalen Vorgaben ihre Entscheidungen treffen. Weiters müssen die Medikamente entsprechend ihrer lokalen vorgegeben Verordnungen regelmäßig evaluiert werden.

Die KTEP ist ein großer orthopädischer Eingriff mit entsprechend hohem Schmerzscore, der schwierig zu behandeln ist und in 15 bis 20% der Fälle sogar für längere Zeit persistieren kann (Grosu 2014; Wylde 2018). Daher ist eine effektive, adäquate Schmerztherapie zur Rehabilitation bzw. zur Verbesserung der positiven Langzeitergebnisse unerlässlich.

Ziel dieses PROSPECT Reviews ist es, den Klinikern entsprechende Handlungsempfehlungen zur Schmerztherapie bei einseitiger KTEP, mit dem Fokus der frühen Mobilisierung und Rehabilitation, zur Verfügung zu stellen.

Dieses Review basiert auf „published systematic reviews“ und Metaanalysen unter Anwendung einer modifizierten PROSPECT Methodik (Details nachzulesen in der Publikation: Lavand’homme 2022). Es ist ein Update der vorherigen Studie (Fischer 2008).

Der PROSPECT Ansatz ist insofern einzigartig, da die verfügbare Evidenz kritisch zur aktuellen klinischen Relevanz geprüft wird und sehr wohl den Gebrauch von einfachen Nicht-Opioid Analgetika, wie Paracetamol und NSAIDs, in Betracht zieht. Dieser Ansatz macht eine klare Aussage über die klinische Effektivität, indem sie nicht nur die Invasivität der Schmerztechniken mit dem postoperativen Schmerz vergleicht, sondern auch die Effizienz in Relation zu den Nebenwirkungen. Des Weiteren wird die Frühmobilisierung und die Rehabilitation berücksichtigt.

Empfehlungen: Prä und intraoperative Interventionen

  • „Präoperativ“ entspricht der Intervention vor dem  chirurgischen Hautschnitt und „intraoperativ“ entspricht der Intervention nach dem chirurgischen Hautschnitt aber vor dem Wundverschluss.
  • Analgetika sollten zum geeigneten Zeitpunkt (prä oder intraoperativ) verabreicht werden, um eine ausreichende zufriedenstellende Schmerztherapie in der frühen postoperativen Phase zu gewährleisten.
Paracetamol und NSAIDs oder COX-2 spezifische Inhibitoren Die Verabreichung von Paracetamol oder NSAIDs bzw. COX-2 spezifischen Inhibitoren wird präoperativ bzw. intraoperativ empfohlen.

  • Die Empfehlung von Paracetamol basiert auf der Evidenz aus zwei RCTs über Paracetamol (Murata-Ooiwa 2017; O’Neal 2017).
  • Eine Metaanalyse ergab, dass obwohl Paracetamol allein verabreicht nur eingeschränkte Analgesie und Opioid sparenden Effekt besitzt, gibt es eine moderate Evidenz bei der Anwendung zur perioperativen Schmerztherapie nach KTEP (Fillingham 2020). Es ist eine kostengünstige und risikoarme Option und es zeigt einen Opioid sparenden Effekt, wenn es mit NSAIDs kombiniert wird (Martinez 2017; Ong 2010).
  • Die Empfehlungen für NSAIDs oder COX-2 spezifischen Inhibitoren bei KTEP entspricht der Evidenz aus sechs verschiedenen Studien über COX-2 spezifische Inhibitoren. Darin konnte die analgetische und Opioid sparende Wirkung nachgewiesen werden (Zhu 2014; Essex 2018; Gong 2013; Munteanu 2016; Reynolds 2003; Meunier 2007).
  • Das entspricht weiters auch jenen starken Empfehlungen für NSAIDs und COX-2 spezifischen Inhibitoren in einer Metaanalayse von Fillingham 2020.
  • COX-2 Hemmer zeigen ähnliche analgetische Potenz wie NSAIDs, aber ohne Einwirkung auf die Plättchenfunktion, und können daher auch schon präoperativ verabreicht werden.
  • Eine Metaanalyse ergab, dass NSAIDs wahrscheinlich keine Ursache für postoperative komplikationsreiche Nachblutungen darstellen (Bongiovanni 2021).
  • Es gab zwar keine Sicherheitsbedenken bei der Anwendung von NSAIDs und COX-2 spezifischen Inhibitoren, jedoch sollte der verschreibende Arzt bei der Verabreichung, besonders bei dem für KTEP typisch älteren Patientenkollektiv, erhöhte Vorsicht bezüglich Nebenwirkungen walten lassen (Fillingham 2020).
Regionalanalgesie Der präoperativ durchgeführte Adduktorkanalblock (ACB) single shot und die intraoperativ verabreichte periartikuläre lokale Infiltrationsanästhesie (LIA) werden empfohlen. Die Kombination dieser beiden Verfahren ist zu bevorzugen.

  • ACB zeigt im Vergleich zum femoralen Nervenblock (FNB) einen ähnlich guten analgetischen Effekt, aber dafür mit einer besseren erhaltenen Quadricepsfunktion (Kim 2014; Grevstad 2015; Memtsoudis 2015; Macrinici 2017).
  • Da die analgetische Wirkung des ACB sich nur auf den anteromedialen Anteil des Kniegelenkes auswirkt, und damit die lateralen und posterioren Bereiche ausnimmt, wird eine ergänzende Blockade, wie zum Beispiel eine LIA, sehr wohl empfohlen.
  • LIA ist eine effektive, einfache und minimal-invasive Schmerztechnik, die als eine „Basis“ Analgesie in Kombination mit Paracetamol und NSAIDs und COX-2 spezifischen Inhibitoren in Betracht gezogen werden sollte.
  • Zahlreiche Metaanalysen zeigten, dass bei KTEP Patienten die LIA-Gruppe im Vergleich zu der Placebo bzw „no injection“  Gruppe neben der Schmerzlinderung und dem reduzierten Opioidbedarf auch früher mobilisiert werden konnten (Andersen 2014; Xu 2014; Seangleulur 2016; Fang 2015; Zhang 2018).
  • LIA ist eine Infiltration bestehend aus einer Mischung von Lokalanästhetika (meistens mit Bupivacain oder Ropivacain) und zusätzlich mit dem einen und/oder anderen Medikament. Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Beigabe von Epinephrin oder Ketorolac fragwürdig ist.
  • Auf Grund der Heterogenität der Studien sind die Angaben der optimalen Injektionsstellen sowie der Volumina noch unklar.
  • Die NICE Expertengruppe prüfte evidenzbasiert die beste Anästhesie und Analgesietechnik für KTEP Eingriffe und berücksichtigte  dabei auch die anfallenden Kosten für diese Interventionen, und kam zu dem Ergebnis, dass eine LIA und periphere Nevenblockaden zu empfehlen sind.
  • Kontinuierliche LIA oder kontinuierliche intraartikuläre Lokalanästhetika Infusionen werden auf Grund widersprüchlicher Vorteile und auch Bedenken bzgl. Infektionen nicht empfohlen.
Dexamethason Die intraoperative Gabe von Dexamethason (≥10 mg, IV) wird empfohlen.

  • Diese Empfehlung bezieht sich auf die Ergebnisse von drei randomisierten  Kontrollstudien mit einer präoperativen Gabe von Glucosteroiden mit einer Dosierung von 10mg bis zu 25mg (~Dexamethason Äquivalenzen) (Koh 2013; Xu 2018; Lunn 2011). Diese Studien zeigten geringere Schmerzscores, sowie verminderten Schmerzmittelbedarf und PONV. Es zeigten sich auch keine Sicherheitsbedenken bei gleichzeitiger Gabe von Paracetamol, NSAIDs/Cox-2 spezifischen Inhibitoren und LIA.
  • Eine intraoperative, intravenöse Dexamethason i.v. Bolusgabe bei gleichzeitiger Gabe von Basisanalgetika und LIA ist einfach, sicher und effektiv (Kehlet 2020). Bedingt durch die unterschiedlichen Dosierungsangaben in den diversen randomisierten Kontrollstudien ist die optimale Dosierung noch nicht genau definiert. Die Sicherheit bei der wiederholten Gabe von Glucosteroiden, um die postoperative Genesung zu verbessern, bleibt fraglich.
  • Bedenkliche Nebenwirkungen, wie schlechte Wundheilung und Infektionen konnten bis dato noch nicht eindeutig gezeigt werden.
  • Diesbezüglich braucht es noch weitere Daten v.a. bei Patienten mit Diabetes mellitus (Jørgensen 2017; Feeley 2021).
Intrathekales Morphin Die intrathekale Morhingabe (100mg) kann nur bei hospitalisierten Patienten bei chirurgischen Eingriffen unter Spinalanästhesie und in dem seltenen Fall, dass der Adduktorkanalblock und auch die LIA nicht umsetzbar sind, erwogen werden.

  • Intrathekales Morphin besitzt sehr unangenehme Nebenwirkungen (Juckreiz, Übelkeit, Harnretention), welche die postoperative Aufwachphase  beeinträchtigen (Tang 2017; Li 2016).
  • Obwohl intrathekales Morphin vorteilhafter gegenüber Placebo ist, ist es den regionalanästhesiologischen Techniken nicht überlegen (periphere Nervenblockaden und LIA) (Sites 2004; Frassanito 2010; Olive 2015; Tarkkila 1998; Qi 2020). Die Interpretation dieser Studien ist bedingt durch das Fehlen der LIA und der unterschiedlichen Anwendungen von Basisanalgetika erschwert.
  • Die intrathekale Morphingabe bei ambulanten KTEP-Eingriffen ist wegen der Gefahr einer Atemdepression, auch wenn selten, nicht geeignet.

Empfehlungen für postoperative Interventionen

  • “Postoperativ” bezieht sich auf Interventionen kurz vor bzw. nach dem Wundverschluss
  • Analgetika sollten zu einem geeigneten Zeitpunkt (prä oder intraoperativ) verabreicht werden, um eine ausreichende Analgesie in der frühen Aufwachphase zu erzielen.
Paracetamol, NSAIDs, COX-2 spezifische Inhibitoren Paracetamol und NSAIDs oder COX-2 spezifische Inhibitoren sind zu empfehlen.
Opioide Opioide sollten in der postoperativen Phase als Rescue Analgetika verwendet werden.

Schmerztheraputische Interventionen, die für primäre KTEP Eingriffe nicht empfohlen werden.

Interventionen

Begründung

Gabapentinoide Minimaler analgetischer und Opioid sparender Effekt, sowie Bedenken bzgl. Nebenwirkungen besonders in Kombination mit postoperativen Opioiden, die bei KTEP Eingriffen entsprechend hoch sind.
Ketamin Widersprüchliche Evidenz
Dexmedetomidine Unvereinbare Evidenz
Epiduralanästhesie/analgesie Mögliche Nebenwirkungen, die eine schnelle Rückbildung ausschließen
N. femoralis Block Negative Auswirkung auf funktionelle Erholung
N. ischiadicus Block Negative Auswirkung auf funktionelle Erholung

Zusammenfassung der PROSPECT Empfehlungen für das Schmerzmanagement bei primärer KTEP

Präoperative und intraoperative Interventionen
  • Paracetamol und NSAIDs oder COX-2 spezifische Inhibitoren, entweder präoperativ oder intraoperativ.
  • Adduktorkanalblock single shot präoperativ und periartikuläre lokale Infiltrations Analgesie (LIA) intraoperativ. Die Kombination dieser beiden Techniken ist zu bevorzugen.
  • Dexamethason (≥10 mg, i.v.) intraoperativ
  • Die intrathekale Morhingabe (100mg) kann nur bei hospitalisierten Patienten bei chirurgischen Eingriffen unter Spinalanästhesie und in dem seltenen Fall, dass der Adduktorkanalblock single shot und auch die LIA nicht umsetzbar sind, erwogen werden.
Postoperative interventions
  • Paracetamol und NSAIDs oder COX-2 spezifische Inhibitoren
  • Opioide sollten nur als Rescue Analgetika eingesetzt werden.

 

Translated by Marcus Neumüller